Internationale Beispiele
Für Direktwahlen gibt es bei sozialdemokratischen Parteien zahlreiche internationale Beispiele. Die Mitglieder entscheiden über den Parteivorsitz u.a. bei der Labour Party im Vereinigten Königreich, der PD in Italien, SAP in Schweden und der PvdA in den Niederlanden. Bei der SPD in Deutschland gab es 2019 einmalig eine Abstimmung unter den Mitgliedern. Die SPÖ hat sich bei der konkreten Umsetzung der Direktwahl an der spanischen PSOE orientiert.
PSOE – Spanien
Bei der Partido Socialista Obrero Español beginnt der Prozess der Vorsitzwahl mit der Einberufung des Parteitags und der Verkündung eines Abstimmungstermins. Wenn in der ersten Runde kein*e Kandidat*in die Mehrheit erhält, gibt es eine Stichwahl. Tritt nur ein*e Kandidat*in an bzw. erhält die notwendige Unterstützung, findet keine Direktwahl statt. In diesem Fall gibt es eine*n Kandidat*in am Parteitag.
Um bei der Direktwahl kandidieren zu können, brauchen die Kandidat*innen die Unterstützung von 1 Prozent der Mitglieder. Die Unterstützungserklärungen müssen innerhalb einer Frist von 10 bis 20 Tagen eingeholt werden. Wahlberechtigt sind alle Parteimitglieder und die Mitglieder der Jugendorganisation, wenn sie am Tag der Einberufung des Parteitages ihren Mitgliedsbeitrag bezahlt haben.
Labour Party – Vereinigtes Königreich
Bei der britischen Labour Party ist die/der Parteivorsitzende so lange im Amt, bis sie*er zurücktritt oder 20 Prozent der Parlamentsabgeordneten eine*n Gegenkandidat*in nominieren. In beiden Fällen findet eine direkte Vorsitzwahl statt, bei der nur Parlamentsabgeordnete kandidieren dürfen. Um sich der Wahl stellen zu können, benötigen die Kandidat*innen Unterstützungserklärungen von 20 Prozent der Abgeordneten und die Unterstützung von entweder 5 Prozent der Wahlkreisparteien oder drei befreundeten Organisationen (davon zwei Gewerkschaften).
Wird die/der Amtsinhaber*in herausgefordert, steht sie bzw. er automatisch zur Wahl. Der Wahlmodus ist ein Präferenzwahlsystem mit Reihung der Kandidat*innen, eine Stichwahl gibt es dadurch nicht. Wahlberechtigt sind alle Parteimitglieder, die mindestens sechs Monate vor Verkündung des Zeitplans der Vorsitzwahl durchgehend Mitglied waren.
SPD – Deutschland
Bei der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands wurde 2019 nach dem Rücktritt von Andrea Nahles einmalig eine Abstimmung über den Parteivorsitz durchgeführt. Es wurden explizit 2er-Teams eingeladen, als Doppelspitze zu kandidieren. Der Parteivorstand hat sich verpflichtet, die Sieger*innen am Parteitag als Kandidat*innen vorzuschlagen. Um kandidieren zu können, war die Unterstützung von mindestens 5 Unterbezirken oder einem Bezirk bzw. einem Landesverband nötig. Es gab 2019 sechs Vorsitzteams und zwei Wahlgänge.